Gestern war der letzte Tag, an dem Frauen für die Allgemeingesellschaft gearbeitet haben – ab heute arbeiten sie für die eigene Tasche. Wie das? Durch die Ungleichbezahlung, die zwischen männlichen und weiblichen Arbeitnehmern üblich ist – in Deutschland ganz besonders hartnäckig! – kann man sagen, dass die Summe, die bei Frauen auf dem Lohnkonto fehlt (ca.21%), offenbar an die Allgemeinheit geflossen ist – inform von kostenloser Kinderaufzucht, Altenpflege, Haushaltsarbeit, Rückenstärk-Arbeit, Familienzusammenhalt-Arbeit. Weil diese Arbeit geleistet werden muss, gehen Frauen in Teilzeit oder nehmen Aufstiegschancen nicht wahr.
Equal Pay Day
Das kann man nachlesen, in der Equal Pay Day Kampagne „Frauen und Mädchen in aller Welt leisteten jeden Tag mehr als zwölf Milliarden Stunden unbezahlt Arbeit. Oxfam rechnet vor: Würde man den Frauen für diese Arbeit auch nur den Mindestlohn zahlen, dann entspreche das einem Gegenwert von über elf Billionen US-Dollar pro Jahr. Das sei 24 Mal mehr als der Umsatz der Technologie-Riesen Apple, Google und Facebook zusammen.
Die Ungleichheit, unter der Frauen zu leiden haben, sei weltweit zu beobachten – auch in Deutschland, so Ellen Ehmke: „Mit Blick auf Geschlechtergerechtigkeit schneidet Deutschland sehr schlecht ab, wir haben einen der größten Gender Pay Gaps, das heißt die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern ist sehr groß, Frauen verdienen 21 Prozent weniger als Männer, und auch hier ist die Ursache, dass Frauen deutlich mehr unbezahlte Care-Arbeit leisten als Männer, im Durchschnitt 1,5 Stunden mehr täglich.“
Und was hilft nicht dagegen?
Sicherlich nicht die ausgeweitete Kinderbetreuung. Die hilft der Allgemeinheit, nicht den Frauen. Wenn man das als Frauenförderung begreift, dann zementiert man nur die Benachteiligung der Frauen, indem man weiterhin stur behauptet, Kinderaufzucht und Krankenpflege sei Frauenarbeit. Ist sie nicht. Sie ist die Arbeit aller.
Und warum wird die gleiche Arbeit ungleich bezahlt?
Im Ernst versteht das kein Mensch. Und das will eigentlich auch niemand. Jedenfalls nicht das Gesetz. Und dennoch ist es so.
Weil Frauen durch die Jahrtausende aber umsonst gearbeitet haben, nimmt man an, dass ihre Arbeit, wenn sie denn endlich einmal bezahlt wird, billiger sei als die eines Mannes. Krankenpflege? Easy. Altenpflege? Naja. Kinderaufzucht? Kann jeder. Kochen? Richtig können das nur Männer (= Starköche). Kindergartenerziehung? Pipifax. Grundschulunterricht? Leicht.
(Warnung: Ironie!)
Nachgewiesen ist auch, dass Männer-Berufe, in die Frauen drängen – wie zB in Lehre und Unterricht oder in die Medizin – sofort weniger hoch angesehen sind und schlechter bezahlt werden. Sehr merkwürdig das. Wie können wir diesen Automatismus bremsen?
Eine Männerquote hilft
Das Einzige, das vermutlich wirklich helfen würde, wäre eine Männerquote. Männer- und Frauenquoten würden unterstreichen, dass es uns mit der Gleichbehandlung ernst ist.
Wenn das Krankenhaus erst dann wieder eine Krankenschwester einstellen dürfte, wenn eine ausreichende Anzahl an Pflegern vorhanden ist, dann würde der Lohn sofort ansteigen. Denn ohne echten „Männerlohn“ wären auf dem Arbeitsmarkt wohl kaum Interessenten zu finden. Auf einmal gäbe es dann die so dringend benötigten männlichen Rollenmodelle in der Erziehung Heranwachsender – in Kindergarten und Grundschule. Auf einmal könnten nicht nur Männer ihre Familien ernähren, sondern auch alleinerziehende Mütter.
Equal Pay Day
Wenn der am 1. Januar jeden Jahres erreicht wäre, dann dürften wir stolz sein auf unseren Zivilisationsgrad. Vorher nicht.
Ich bedanke mich bei Bärbel Boy und der ZEIT von letzter Woche für diesen Grundgedanken. Er hat bestätigt, was ich schon seit längerem denke und mich zu diesem Artikel ermutigt.