Es ist schon viel über ihn geschrieben worden, den bulgarischen Künstler, der zwar alt, aber dennoch überraschend gestorben ist. Oder besser: seiner Frau Jeanne-Claude nachgefolgt ist. Berührt hat mich, dass er auch in seinem allerletzten Interview immer von „wir“ sprach, wenn es um alte und neue Projekte ging. Das würden nur wenige tun, da bin ich mir sicher. Seine Jeanne-Claude ist schließlich schon seit elt Jahren nicht mehr dabei. Zu Lebzeiten hat sie immer gleichberechtigt mit ihm signiert.
Adieu, Christo!
Was war nun so besonders? Seine Bescheidenheit. Seine Zähigkeit. Ihrer beider Einfälle. Und – ganz großartig – die Tatsache, dass zwischen Idee, Planung, Fundraising und Verwirklichung manchmal Jahrzehnte lagen. Manchmal? Meistens. Bis zur Verwirklichung des allerletzten 2021 in Paris wird es 60 Jahre gedauert haben.
Ihrer beider Grundidee war es, bekannte architektonische Objekte (und gleichzeitig Objekte mit hohem Symbolgehalt) so zu verfremden, dass man einen neuen Blick auf sie bekam, und zwar einen höchst ästhetischen. In Deutschland war sicher die Verhüllung des Reichstages der unvergessliche Clou! Demnächst werden in Paris der Arc de Triomphe folgen. Die beiden haben aber nicht nur Gebäude sondern auch Landschaften verändert: so die gelbe Seemeile am Iseo-See gestaltet oder die Landschaft des Central Parks in NYC verändert.
Adieu, Christo! Und danke!
Interessant auch die Finanzierungsmethode. Diese Wrappings waren unermesslich kostspielig und erst langsam begriffen die dazugehörigen Kommunen, welch touristische Attraktion ihnen da erwuchs. Die Christos legten Wert darauf, dass die Zuschauer gratis bewundern konnten, was sie geschaffen hatten – das Geld musste also anderswoher kommen. Christo und seine Frau fertigten unzählige Zeichnungen der Werke an, die signiert veräußert wurden und an Sammler gingen. Abgewickelt wurde das alles über die
CVJ: Christo Vladimir Javacheff
Gesellschaft. Sie bekam Kredite, kaufte die Materialien, zahlte die Handwerker, gab den Initiatoren ein Gehalt zum Leben und veräußerte die – tatsächlich mit der Hand gezeichneten! – Zeichnungen (vom Reichstag zB 600, vom Iseo See zB 100). Was die Christos wirklich wollten, das war:
- unvergessliche Erlebnisse schaffen (und das ist ihnen wahrlich gelungen)
- inspirieren
- Ästhetisches ins Alltagsleben bringen
- einen gänzlich neuen Blick auf Altvertrautes ermöglichen
Bravo, ihr beiden Tapferen!
Wir werden sie vermissen: Unsere Heroes und Sheroes! Wir sammeln ein paar wenige Nachrufe auf einer Seite. Es gäbe noch viele andere, aber niemals reichen Platz und Zeit für alle…leider!
Und was hat Christo Ihnen bedeutet?
Ich habe mich in meinem Leben nie intensiv mit Christo und Jeanne-Claude beschäftigt.
Dennoch haben die vielen Kunstwerke auf mich eine große Wirkung ausgeübt.Die Einhüllung großer Bauten,die Begehbarmachung von Wasser,um nur zwei Beispiele zu nennen,sind einzigartige und mutige Vorhaben.Und es ist für mich wunderbar, dass ein Paar gemeinsam diesen Weg beschritten hat und überdies so vielen Menschen damit glückliche Momente geschenkt hat.
Ja, das ist alles tatsächlich so – ein Paar zusammen, das sich gegenseitig bereichert, und uns alle gleich mit! Schöne Grüße an dich, Barbara,
von Nessa