Wir fragen Dagmar Bittner, die unser Event am 8.12., dem Krimitag, mitveranstalten wird, danach, was eine Schausprecherin eigentlich ist:
Dagmar Bittner, wer sind Sie und was machen Sie?
Wow, eine vermeintlich so einfache Frage, die doch gar nicht so leicht zu beantworten ist. Das liegt daran, weil sich mein Arbeitsschwerpunkt in den letzten Jahren immer wieder verschoben hat, vom Theater und Entertainment hin zum Sprechen. Momentan kann ich sagen: Ich bin gut gelaunte Sprecherin für alles, was eine junge weibliche Stimme braucht. Von Werbespots über Erklärfilme und Dokumentationen bis hin zu Synchron. Momentan mache ich besonders viel Hörspiel und Hörbuch sowie Werbe- und Imagefilme.
Daneben stehe ich aber immer noch in Kulinartheater- oder Entertainmentproduktionen auf der Bühne. Mit Freunden spiele ich zum Beispiel unser selbstgeschriebenes Stück „Allmächd, Albrecht!“ in der Hausbrauerei Altstadthof in der Nürnberger Innenstadt. Da hängt das Herz halt auch dran, daher möchte ich das nicht ganz aufgeben!
Die Kreativen sind eine Klasse für sich. Welche drei Eigenschaften haben sie gemeinsam?
Wir sehen Fehler als Chance: wir kennen kein „nein“. Dieses Ja-Sagen ist großartig, weil es einen auch persönlich viel fröhlicher und positiver durchs Leben gehen lässt. Kreative probieren eben alles erstmal aus, wo vermeintlich vernünftige Menschen schon vorher zu wissen glauben dass das eh nichts wird. Oft wird es dann ja auch tatsächlich nichts, aber das Großartige ist, dass man – während man das herausfindet und auf Herz und Nieren testet – auf 1000 andere großartige Ideen stößt, die dann wirklich funktionieren. Und die man nie entdeckt hätte, wenn man das erste Nein schon akzeptiert hätte. Man kann sich dabei auch so schön selbst überraschen, das ist toll!
Ich glaube auch wir sehen die Welt auch detailreicher. Kreative lassen zu, dass Empfindungen sie wirklich berühren, auch wenn es einen kurzzeitig verletzlich macht. Wir freuen uns über winzige Kleinigkeiten, finden erstaunliche Facetten, weil wir nicht nur das große Ganze, sondern auch die Einzelteile genau unter die Lupe nehmen. Das ist erfüllend, aber man kann sich dabei auch ganz schön verzetteln.
Und ich glaube Kreative lassen sich mehr von ihrem eigenen Rhythmus treiben. Manchmal ist das vielleicht nicht so effektiv und durchgeplant, und vor allem nicht vorhersehbar. Da wechseln sich hyperaktive Arbeitswochen mit Nichtstun ab, und der Schweinehund ist manchmal so riesengroß. Dann bin ich dankbar, wenn ich feste Termine habe, die ich einhalten muss. Aber wann immer ich kann, schlafe ich zum Beispiel aus. Dafür stört es mich nicht, bis spät abends noch zu arbeiten. Dass ich ganz oft meinen eigenen Rhythmus leben kann, erdet mich, ich bin viel entspannter und motivierter. Und dann bin ich auch an Studiotagen, wo ich um 9 schon in Frankfurt sein muss, geistig hellwach und konzentriert.
Gibt es ein Problem bei Ihrer Arbeit, für das Sie eine Lösung suchen?
Überraschenderweise sehe ich bei meiner Arbeit selten Probleme, sondern – auch wenn das abgedroschen klingt – eher Herausforderungen. Das Schöne ist ja, dass am Ende sowohl ich als auch das Studio und der Endkunde ein Interesse an einem guten Produkt haben. Das heißt, man sucht in der Regel gemeinsam Lösungen, neue Ansätze oder Ideen, um dieses Ziel zu erreichen. Das macht Spaß! Da gibt es z.B. den Werbetext, der locker für einen 30-40-Sekünder reicht, aber nur 20 Sekunden lang sein darf. Wenn der Kunde hört wie es klingt, wenn man den in 20 Sekunden gequetscht kriegt, ist er a) beeindruckt wie man das geschafft hat, und entscheidet sich dann b) von ganz alleine dafür, seinen Text nochmal zu überarbeiten. Und als Sprecher unterstützt man ihn dann, dass trotz der hohen Textdichte der Inhalt noch beim Hörer ankommt.
Manchmal lese ich auch Hörbücher, die sprachlich und inhaltlich eigentlich ausbaufähig sind. Dann ist es meine Aufgabe, sie zu veredeln. Nicht indem ich sie umschreibe, sondern indem ich diese Texte besonders ernst nehme, ihnen durch die Art, wie ich lese zusätzlich Lebendigkeit verleihe.
Die einzig wirklichen Probleme, die auftreten können, sind bei meinem Job technischer Natur: Wenn das Windows-Update im Heimstudio mal wieder meine Soundeinstellungen über den Haufen geworfen hat, die Bahn streikt, oder eine Erkältung die Stimmbänder lahmlegt. Aber oft kommt das ja auch nicht aus heiterem Himmel, sondern man hat zumindest noch ein paar Stunden oder einen Tag, um in hysterischer Panik erstmal kopflos herumzurennen, und dann Telefonate zu führen, Termine zu verschieben, literweise Tee mit Aspirin zu trinken oder sich ein Auto zu mieten. Da fühlt man sich dann kurzzeitig erstaunlich lebendig…
Welches ist im Augenblick Ihr Lieblingsprojekt?
Ich bin die Erzählerin in der Disney-Hörspielserie Violetta. Texte für Kinder machen immer besonders viel Spaß, weil sie meist sehr herzlich oder witzig geschrieben sind. Da es sich um eine Serie handelt, ist alles schon so vertraut. Ich weiß genau, wie das Projekt tickt, welcher Tonfall wann nötig ist, wir sind im Team total eingespielt… Da freue ich mich immer wieder besonders, wenn ein Aufnahmetermin ansteht.
Welche Art von Kontakt wäre zurzeit hilfreich für Sie?
Natürlich Studiokontakte jeder Art. Besonders gerne würde ich mehr im Synchron arbeiten, da mir das so viel Spaß macht. Aber da ist es sehr schwer Fuß zu fassen, weil oft mit Leuten direkt vor Ort besetzt wird. Dabei ist München ja so nah! Auch über Leute, die Lesungen oder Live-Hörspiele mit mir machen möchten und eigene Texte haben, die ich lesen soll, würde ich mich freuen.
Wie finden wir Sie im Netz? Und im Real Life?
Im Netz auf http://www.schausprecherin.de oder auf Facebook https://www.facebook.com/Schausprecherin. Und im echten Leben vermutlich beim Latte Macchiato Trinken irgendwo in einem Café in Nürnberg, auf meinem Fahrrad auf einer Tour die Pegnitz entlang, oder im Zug zwischen Nürnberg, Frankfurt, München, Berlin, Hamburg, auf dem Weg ins Studio… Und ansonsten auf meinem Balkon, irgendwo hinter meterhohen Tomatenpflanzen und bienenfreundlichen Blümchen versteckt, wo ich mir in der Hängematte die Sonne auf die Nase scheinen lasse und Energie tanke oder Hörbücher vorbereite.
Wir danken Dagmar für ihre Auskunftsfreudigkeit und freuen uns auf den 8. Dezember!
Und wir danken auch Leander Wattig für die Fragen, zu denen wir uns in seinem Projekt Ich mach was mit Büchern inspririeren haben lassen.