Selbstständig Sein: Verändert das etwas?

Selbstständig sein – ist das eine Lebensform? Ein mind-set? Ein finanzamtlicher Begriff? Ein Alptraum? Die Erfüllung? Eine Blogparade von Lexoffice hat mich auf den Gedanken gebracht, dazu einige – natürlich keineswegs ausreichende – Überlegungen anzustellen.

Frau, die in einen Sonnenuntergang blickt
To do or not to do? (*)

Was wäre das Gegenteil davon?

Wer nicht selbstständig arbeitet, arbeitet vermutlich angestellt. Oder als Beamte(r). Letzteres bin ich gewesen, in einem früheren Leben. Ist es so, dass man, einbettet in eine Unternehmen oder eine staatliche Behörde, weniger Verantwortung schultern muss? Das hängt sicher ganz davon ab, was man tut: Eine gewisse Verantwortung für andere trägt man immer.

Die Verantwortung aber, die eine Unternehmer*in für ihre Angestellten auf sich nimmt, ist schon eine ganz besondere: Sie oder er ist zuständig dafür, dass Aufträge eintrudeln, dass Arbeit auf den Tisch kommt, dass diese bezahlt wird, damit man ihrer- oder seinerseits Löhne und Gehälter bezahlen kann. Da hat es ein

Solopreneur

wie ich leichter. Verantwortung für sich selbst zu übernehmen, ist manchmal auch ein Problem, meistens aber doch eines von der leichteren Sorte. Dinge, die man selbst nicht kann, kann man auslagern, das Netz ist voller Angebote. Und auch im Real Life finden sich leicht Menschen, die gewisse, scharf umrissene Aufträge gegen Bezahlung erledigen. Da trägt man dann keine Verantwortung für die gesamte Existenz, sondern nur dafür, dass der- oder diejenige rechtzeitig für die Tätigkeit entlohnt wird und die Steuer auch ihren Anteil bekommt.

Postkarten auf Bestellung (***)

Akquise

ist eine der Hauptthemen für Selbstständige, nehme ich an. Wenn man ein Produkt kreiert hat, das neu und unbekannt ist so wie meines, dann muss man viel Zeit auf die Erklärung verwenden. Wie es dazu kam, zum Beispiel, und wofür es gut ist, wer es brauchen kann und wie die Preisgestaltung zustande kommt. Ein gut Teil meiner Selbstständigen-Tätigkeit ist diesem Sektor geschuldet: Ich betreibe ein Blog zu meinem Angebot, eine Über-mich- oder besser: Wie-es-dazu-kam-Seite, einen Twitter-Kanal, ein Pinterest-Konto, einen Newsletter, etc, etc.

Kundenkontakt

ist sicherlich extrem wichtig, das sagen alle Experten (und im Netz wimmelt es nur so davon). Nur ist er nicht so leicht zu bekommen. Kund*innen, die man noch nicht hat, kann man nicht fragen, und Kund*innen, die man schon hat sind oftmals zu schüchtern oder zu beschäftigt oder zu faul oder zu desinteressiert, um sich die Mühe einer Antwort zu machen. Wie oft antwortet man selbst auf solche Nachfragen? Doch auch nur dann, wenn man gerade gut gestimmt ist und dazu auch noch Zeit hat. Doch, doch, Kundenantworten gibt es schon und einige davon sind auch nachzulesen.

Nessa Altura bei einer Lesung
live-Auftritte bringen es, nur gerade jetzt nicht (***)

Produktentwicklung

Ein Anfangsprodukt hat man ja gehabt, aber durch den Kundenkontakt wird das Produkt oder die Produkte sich verändern. Der eine fände an dieser Stelle eine Nachbesserung gut, die andere vermisst hier ein Angebot, für die dritte tun sich Fragen zur Postzustellung auf, an die man selbst überhaupt noch nicht gedacht hat. Das ist das Schöne am Solopreneur: Er oder sie kann seine oder ihre Produkt(e) verändern, ohne jemanden fragen zu müssen. Es gibt nur ein Entscheidungskriterium, das zählt: Die Kund*innen müssen es annehmen.

Zeitdisziplin

Ja, alle diese unterschiedlichen Aktivitäten brauchen einen Ort und ein Zeitfenster, in dem sie erledigt werden müssen. Da hilft nichts so sehr wie eine gewisse Routine. Es gibt Aufgaben, die dazu neigen, andere zu kannibalisieren. Und es gibt Aufgaben, die man nur allzu gerne immer wieder nach hinten schiebt. Und Aufgaben, die Fristen erfüllen müssen. Und Aufgaben, die das nicht tun und deshalb gerne ganz und gar vergessen werden.

Schriftzug aus Neonröhren "Coffeee first"
kleine Belohnungen zwischendurch (*)

Und es gibt das Phänomen, dass die ganze Arbeit im Flow verrichtet wird und der Solopreneur gedanklich zu einhundert Prozent in seinem Vorhaben aufgeht. Mit anderen Worten: Niemals abschaltet. Davon träumt. Alles und alle nachrangig behandelt – auch eine nicht zu unterschätzende Gefahr! Für die Beziehung, für die Familie und für sich selbst. Anspannung ohne Entspannung ist tödlich. Das

Finalisieren

muss man lernen. Man muss begreifen, dass reiner Perfektionismus schädlich ist, weil er dazu führt, dass niemals ein Ende erreicht wird. Alles, alles bleibt verbesserungswürdig – schon klar. Aber oft genügt auch das Zweitbeste, basta! Das leidige

Dokumentieren

darf nicht zu aufwendig sein, ist aber notwendig. Hier hilft eine klare Struktur im eigenen Kopf und im Büro und ein sich wiederholender Zeit-Slot. Es gilt, diese eher unangenehme, weil wenig kreative Arbeit in erträgliche Häppchen aufzuteilen. Und was man gerne vergisst: Dokumentationsbedarf gibt nicht nur vorher (Plan), sondern auch während (Abläufe), sondern immer auch hinterher (Nachbereitung)

eine Blechdose mit der Aufschrift "Zettelwirtschaft"
Ablage machen? Morgen, morgen, morgen…(***)

Dies war nur eine kleine Auswahl der Pflichten eines Unternehmers, einer Unternehmerin. Es gibt noch sehr viel mehr. Aber die aufgezählten Dinge haben das Leben an sich und außerhalb des Jobs durchaus verändert. Meine Learnings wären:

Learnings:

  • Mut gewinnt.
  • Learning by doing ist sinnvoll.
  • Bedürfnisse anderer kennenzulernen bereichert
  • Kreativität erfüllt
  • Kommunizieren hilft
  • Finalisieren muss sein
  • Routinen steigern die Effizienz
  • Dokumentation sichert Ergebnisse
  • Disziplin ist unerlässlich
  • Zeit muss beschafft, gemessen und zugeteilt werden
  • Anspannung ohne Entspannung schadet

Binsenweisheiten, gewiss. Gänzlich danach verfahren können, wird man nie. Aber stetes Sich-Bemühen formt den Menschen und das Leben, das er oder sie führt. Und nur so gibt es Ziele, sie auch erreicht werden können.

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