Nicht nur unter Corona haben wir erkannt, wie wichtig persönliche Unterhaltungen zu einzelnen Themen sind. Weil es aber physisch nicht immer geht, müssen wir uns online unterhalten, so zum Beispiel per eMail.
Wir wollen ab jetzt ab und an kurze Statements veröffentlichen, die uns unsere Leserinnen und Leser spenden. Wir fragen, sie antworten spontan. (Nicht unähnlich der Runde, die uns schon zum Thema Sinnlich sein oder werden ihre Ansichten spenden (zu finden unter den Frivolini).) Es geht nicht um Tiefschürfendes, sondern um ein paar Sätze, die uns verraten, wie jemand über eine gewisse Sache denkt.
Wir haben uns wieder getroffen – virtuell natürlich. Und uns – und die Männerrunde – mit folgender Frage beschäftigt:
Welchen Moment in 2022 möchtest du einrahmen, weil er so schön war?
Ich bin Anne, Mathematikerin und Lebenskünstlerin aus Passion mit einem Technikfaible und ewiger, grenzenloser Neugierde.
Anne sagt:
Hab sehr lange überlegen müssen, was letztes Jahr außergewöhnlich Schönes geschehen ist.
Es ging mir also nicht so wie Dir.
Aber das Schönste war, als zu Weihnachten die gesamte Familie meiner Tochter zu Besuch kam und wir zusammen am 24.12. den 21. Geburtstag meiner Enkelin Karla gefeiert haben.
Immerhin hatte ich alle Fünf jahrelang nicht mehr gesehen, was auch mit Corona und verschiedenen Krankheiten zu tun hatte.
Meine drei Enkelkinder haben sich prächtig entwickelt. Es war eine reine Freude!
Viele herzliche Grüße Anne
Welchen Moment in 2022 möchtest du einrahmen, weil er so schön war?
Mit 18 Jahren war ich in der Stuttgarter Kunstakademie, seither bin ich das, was man Freischaffende Künstlerin nennt mit Schwerpunktthema „Mensch“. Froh bin ich über Literatur und glücklich, wenn ich ein schönes Buch in Händen halte.
Diese Frage ausgerechnet für das Jahr 2022 verblüfft mich etwas.
Seit dem Beginn des Krieges in der Ukraine wirft dieser anhaltende Schrecken seine Schatten auf uns, auf mich.
Als ich nach den ersten Kriegswochen bemerkte, daß mich diese Schatten zu lähmen drohten,
habe ich bewußt zu trennen begonnen zwischen Draußen und Drinnen. Denn es hilft keinem Ukrainer und auch sonst niemand, wenn ich mein und unser Leben in ständige Trübnis tauche. Also habe ich um so gründlicher nach den schönen Momenten gesucht und alles bewußt gelebt, was die Stunden beglückend machen. Und so habe ich einen solchen Moment zwar nicht eingerahmt, aber ich setze ein Foto hier in die Mail. Von Grün und Blumen umhüllt mit meinem Mann auf einer Bank.
Blühende Grüße
Ines
Welchen Moment in 2022 möchtest du einrahmen, weil er so schön war?
Barbara sagt:
Ich heiße Barbara und bin nach der Juristerei auf die Kunst gekommen. Eine Kunst, die zum Nachdenken und Loslassen anregen soll und die ich mit Leidenschaft betreibe.
Liebe Nessa,
in einem Jahr, in dem mein Horizont und meine Sehnsucht sehr begrenzt waren, ist es eine gute Idee darüber nachzudenken, welchen Moment ich in diesem Jahr einrahmen wollte, weil er so schön war.
ich habe einen Blick in den letzten Jahreskalender geworfen, in dem doch die meisten Termine verzeichnet sind. Eine unscheinbare Notiz.
“ Mathilda Hockey“.
Die Autofahrt zum Hockeytraining ,allein mit meiner Enkelin Mathilda, war ein wunderbarer Moment. Mathilda hatte viel zu erzählen.Und dann waren wir plötzlich in Gedanken auf Elefanten in Marokko unterwegs,lauschten den Störchen in Marrakesch und waren ganz nah bei den Schlangenbeschwörern.
Vielleicht könnte dieser Moment nochmal kommen !
Barbara Häberlein
Barbara
Welchen Moment in 2022 möchtest du einrahmen, weil er so schön war?
Ich bin Lea, Altruistin, Misanthropin, halb freiberufliche Texterin und Übersetzerin für Leichte Sprache, halb Geschäftsführerin eines gemeinnützigen Vereins, ohne menschlichen Anhang, dafür wunderbar fest verbunden mit dem unglaublichsten Profiplüschtier der Welt, meiner Blindenführhündin Arzu.
Liebe Nessa,
da fallen mir vier Momente ein, deren Anlässe alle nicht wirklich schön
waren, die aber für mich alle vier sehr viel bedeuteten und mir großes
Empowerment und Bestätigung gebracht haben. Ich stand auf Bühnen und
habe zu Menschen gesprochen, ihre Zustimmung gespürt und daraus sehr
viel Kraft geschöpft. Einmal war das am 19. Februar 2022, dem Jahrestag
der rassistischen Morde von Hanau, wo im Jahr 2020 ein Anhänger wirrer
Verschwörungsnarrative 9 Menschen an mehreren Tatorten erschossen hat.
Zwei Hanauer Initiativen, die sich in Folge des Anschlags gegründet
hatten, haben 2021 den Aachener Friedenspreis erhalten, so dass ich als
Sprecherin des Vereins auf der Gedenkkundgebung reden durfte. Das zweite
Ereignis war eine spontane Kundgebung mit rund 2000 Menschen auf dem
Aachener Marktplatz am 25 Februar 2022 in Reaktion auf den Überfall
Putins auf die Ukraine, der einen Tag zuvor den bis heute andauernden
Krieg lostrat. Auch hier, auf der Rathaustreppe, sprach ich frei und
spontan, wie auch wenige Wochen später an anderer Stelle bei Pulse of
Europe. Zu guterletzt und am bestärkendsten von allem folgte am 1.
September die Preisverleihung an den Menschenrechtsanwalt und
Rüstungsexportgegner Holger Rothbauer und die jemenitische Initiative
Mwatana for Human Rights, wo ich gemeinsam mit einem lieben Freund die
Rede des Vorstands des Aachener Friedenspreis e.V. halten durfte.
Hierauf hatte ich mich dezidiert vorbereitet, was angesichts der
Tatsache, dass ich keine Notizen vom Blatt ablesen kann, etwas hakelig
war. Aber alles lief perfekt und wir bekamen großen Zuspruch. Das waren
meine einrahmungswürdigen Momente des vergangenen Jahres – es spricht
wohl Bände, dass sie alle aus dem selben Kontext kommen.
liebe Grüße
Lea
Welchen Moment in 2022 möchtest du einrahmen, weil er so schön war?
Mich kennen Sie natürlich. Ich bin Nessa Altura, die Betreiberin dieses Blogs. Und ich bin diejenige, die hier die Fragen stellt.
Den Augenblick. in dem meine Enkeltochter Lena geboren wurde, gesund und munter. Sie ist inzwischen zu einem fröhlichen bildhübschen kleinen Geschöpf herangewachsen und ich kann nicht aufhören, dafür dankbar zu sein.
Ihr Lieben, vielen Dank für eure Antworten. Ja, es war ein schreckliches Jahr, dieses 2022. Und dennoch gibt es Gutes darin. Danke euch für eure klaren Antworten! Und: Hochachtung, Lea – was du alles fertigbringst!
PS.: Sie möchten auch gefragt werden? Bitte melden – einen Platz hätten wir noch frei!
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