Man betritt eine weitgehend unbekannte Welt, wenn man sich in diesen Thriller einliest: das Berliner Ambiente von Bars und WGs, das Italien der Reichen und Schönen, den Jakobsweg etwas abseits der allseits begangenen Routen, das doppelbödige, gefahrvolle Jerusalem. Und mitten drin ein Mann, Noah, der sympathischerweise ebenso so wenig Durchblick hat wie zunächst die Leserin, der Leser.
Auf der Bildfläche tummeln sich nicht nur Geheimdienste und durchtriebene, raffinierte Ladies, sondern auch ein Savant – ein Mensch (oder mehrere?), der mathematisch (oder in anderer Weise) begabter ist als der Durchschnitt und die Welt der Blockchain ebenso schnell durchdringt wie die der Quantenphysik.
„Wer über die Quantentheorie nicht entsetzt ist, der hat sie nicht verstanden“, sagt der Physiker Nils Bohr. „Und wer die Blockchain nicht versteht, der versteht die Zukunft nicht“, möchte man hinzufügen. Beides ist so schwer zu begreifen, weil es in vielen Dingen unserer immer wieder selbsterlebten Alltagserfahrung widerspricht.
Glaubhaft ist, dass die große Finanzwelt die transparente dezentrale Blockchain-Buchhaltung nicht goutieren kann und den Bitcoin bekämpfen wird, wo sie nur kann, weil dadurch ihr Geschäftsmodell obsolet werden könnte. Weniger glaubhaft, dass ein schwerer runder Stein den „Gap“ symbolisieren soll, durch den man in Parallelwelten gelangt. Zu wünschen wäre es allerdings, denn unser Held Noah gewinnt währenden dieses rasenden, spannenden Thrillers nicht nur eine Liebe, er verliert sie auch gleich wieder. In einem anderen Leben könnte er sie, so wünscht man es ihm, wieder finden.
Schnell, am Puls der Zeit und mit kleinen verkraftbaren Wissenseinschüben (das legendäre Bitcoin-Mining!) garniert ist dieser Thriller von Lisa Graf und Ottmar Neuburger eine geniale Sommerlektüre. Wer schon immer mal wissen wollte, was es mit Bitcoin, Mr. Satoshi Nakamoto und der Blockchain Technologie auf sich hat, der kann sich dieses Bildungsgut wohl kaum auf amüsantere, spannendere Weise einverleiben.
Kill Mr Bitcoin. Graf/Neuburger, Emons Verlag, Köln 2018
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