Was haben wir von unserem Vater gelernt? Wir fragen unsere Männerrunde

Unsere Frauenrunde kennen Sie ja. Sie soll Sie unterhalten; und zwar mit Ansichten zu Themen, die vielleicht auch Sie gerade beschäftigen.

Nicht nur unter Corona haben wir erkannt, wie wichtig persönliche Unterhaltungen zu einzelnen Themen sind. Weil es aber physisch nicht immer geht, müssen wir uns online unterhalten, so zum Beispiel per eMail.

Wir wollen ab jetzt ab und an kurze Statements veröffentlichen, die uns unsere Leserinnen und Leser spenden. Wir fragen, sie antworten spontan. (Nicht unähnlich der Runde, die uns schon zum Thema Sinnlich sein oder werden ihre Ansichten spenden (zu finden unter den Frivolini).) Es geht nicht um Tiefschürfendes, sondern um ein paar Sätze, die uns verraten, wie jemand über eine gewisse Sache denkt.

Jetzt haben wir auch eine Männerrunde eingerichtet, die wir hier bereits vorgestellt haben.

Nessa fragt:

Was habe ich von meinem Vater gelernt?

Hier ist Richie aus Stuttgart:

Mehr als 15 Jahre bin ich aus dem Berufsleben. Seitdem ist das Fotografieren meine wichtigste Beschäftigung geworden. Die Hauptthemen sind der Mensch, Landschaften und was sonst die Natur so bietet. Meine heutige Art zu fotografieren wurde sehr stark durch die vielen Kontakte mit Künstlern in den letzten 20 Jahren geprägt.

Wenn ich so zurückschaue, dann habe ich wohl mehr Dinge von meinem Vater gelernt als ich wirklich wahrhaben will. Zu meiner Schande habe ich erst mit 50 Jahren vieles aus einer anderen Sicht über ihn gesehen, als die Jahre davor. Aber ein Verhalten habe ich sicherlich von ihm übernommen: Ehrlich zu sein. Die Übernahme dieser Verhaltensweise wurde auch sicherlich zum Erfolgsrezept meines Berufes.

In der heutigen Zeit stelle ich fest, dass eine solche Eigenschaft u.a. in der Politik und in vielen anderen Lebensbereichen keinen Platz mehr findet, obwohl wir alle im Inneren diesen Wunsch haben. Umso mehr freue ich mich, dass mein Vater mir diese Lebensart vermitteln konnte.

Lg Richie


Hier ist Rolf aus Böblingen:

Was habe ich von meinem Vater gelernt?

Diese Frage erschien mir zunächst einfach und beim zweiten Blick schwierig.
Ich musste mir meine Vergangenheit  erst mal wieder in Erinnerung rufen.
Mein Vater ist ja schon vor 43 Jahren verstorben (1978). 
Aber nun denke ich, so geht es wie ich es geschrieben habe.

Mein Vater (1908 – 1978) war ein gütiger und gleichzeitig ein sehr sachlich und logisch denkender Mensch, der immer alles für seine Familie tat.

Er hat mich – als seinen Erstgeborenen – immer fördern wollen, allerdings auch müssen, da es in dem kleinen Ort im Elsass, wo wir bei einem entfernt verwandten Bauern wohnten, keinen Kindergarten gab. So lernte ich noch als Vorschul-Kind vermutlich mehr interessante Dinge als in einem Kindergarten. Besonders Erdkunde – mit Hilfe eines Globus hat er mir die Erde erklärt, die Länder, Hauptstädte, Flüsse etc. – mit 6 Jahren, glaube ich,  wusste ich mehr davon auswendig als heute.  Das Alphabet und das erste Lesen lernte ich auch schon vor der Einschulung in die bäuerliche Dorfschule 1942.

Das geschenkte erste Schuljahr habe ich dann im Krieg, als es 1944 bis Kriegsende gar keine Schule gab, doppelt wieder verloren und erst 1956 mit 20 J. das Abitur gemacht.  Aber mein Vater war immer bemüht, mir die Wichtigkeit der Schule bewusst zu machen. Er gab nie auf, auch nicht, als ich selbst eine Phase hatte, wo ich aufgeben wollte. Seine Überredungskunst und sein Einsatz waren  – wie ich es heute sehe – bewunderungswürdig.

Auch während meines Studiums der Betriebswirtschaft war er immer bereit, mit mir betriebswirtschaftliche und volkswirtschaftliche Probleme zu erörtern, und er gab mir gute Tips für meine Diplomarbeit.

Was ich von ihm gelernt habe? – Selbstständiges Denken und Arbeiten und dass man nicht so schnell aufgeben darf, wenn es mal schwer wird.


Hier ist Dieter aus Böblingen und Frankreich:

Ich bin Dieter, lebe im Ruhestand in Böblingen und in den Sommermonaten in Frankreich. Bin handfester Praktiker, aber zur Zeit im Krankenstand.

Was habe ich von meinem Vater gelernt?

Spontan kann ich sagen, dass sein Spruch „Pünktlichkeit ist die Höflichkeit der Könige“ sehr prägend für mich war. Ich war mein Leben lang pünktlich und versuche es auch heute noch zu sein.
Ein weiterer Punkt betrifft unser Leben damals in der DDR: Beim Mittagessen oder Treffen mit Freunden kam es oft zu „systemkritischen“ Diskussionen. Es folgte immer der Satz: „Das bleibt unter uns und geht nicht über diesen Raum hinaus“. Damals habe ich gelernt, nicht über alles zu schwatzen, sondern gezielt und bewußt zu kommunizieren.
Ja, und dann noch ein dritter Punkt: wenn ich im Sport was erreichen wollte, mußte ich trainieren. Wenn ich ein Paar Ski wollte, mußte ich arbeiten und das Geld verdienen. Gleiches galt für das Studium. Er hat immer meine Eigenleistung erwartet, ja gefordert. Das ist ein weites Feld.


Hier ist Roman aus Singapur:

Ich bin Roman, frischgebackener Vater, Produktmanager in Software und interessiert an allem Digitalem. Zur Zeit im fernen Singapur ansässig.

Was habe ich von meinem Vater gelernt?

Fragen stellen. Eine völlig unterschätzte Fähigkeit, die ich meinen Vater als Kommunalpolitiker oft habe einsetzen sehen. Fragen stellen nicht nur, um Antworten zu erhalten, sondern auch um sich Respekt und auch Autorität zu verschaffen. Menschen fühlen sich wertgeschätzt und respektiert, wenn man sie direkt und aufrichtig befragt. Das geben Sie dann an den Fragenden zurück. Zuschauer sehen diese Interaktion, registrieren ernsthaftes Interesse und verknüpfen den Fragenden mit Autorität.


Thanks you, regards, Roman Vogelgsang


Hier ist Michael aus Berlin und Zürich:

Ich bin Michael, promovierter Chemiker, aber schon seit über 20 Jahren in Zulassungsabteilungen verschiedener Pharma-Firmen. Als (ehemaliger) Forscher, bin ich immer noch extrem neugierig und lerne gerne jeden Tag etwas Neues dazu.

Was habe ich von meinem Vater gelernt?

Sicherlich die Verbundenheit mit der Wissenschaft, obwohl er selbst nie Wissenschaftler war, weil es einfach zu dieser Zeit nicht möglich war.
Ich habe auch gelernt, viele Dinge im Haus selbst handwerklich zu lösen. Obwohl er mich für total ungelenk hielt.
Und meine Disziplinhaftigkeit (gibt es das Wort überhaupt?) habe ich definitiv von ihm.


Ich bin Norbert, Volkswirt, Wanderer zwischen den Welten, von Politik, Verwaltung bis Wirtschaft, und Asien, Afrika bis Schwarzwald.

Was habe ich von meinem Vater gelernt?

Bescheidenheit und Zielstrebigkeit. Von meinem Vater habe ich gelernt, eher in der zweiten Reihe zu agieren, und trotzdem beständig zu versuchen, das Beste aus seinen Chancen zu machen. Als ich für kurze Zeit beruflich in das Bundeskanzleramt wechselte, sagte er zu mir „Vergesse nie das einfache Volk und wo Du herkommst.“

Beste GrüßeNorbert


Vielen Dank, ihr Lieben!

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