Nicht nur unter Corona haben wir erkannt, wie wichtig persönliche Unterhaltungen zu einzelnen Themen sind. Weil es aber physisch nicht immer geht, müssen wir uns online unterhalten, so zum Beispiel per eMail.
Wir wollen ab jetzt ab und an kurze Statements veröffentlichen, die uns unsere Leserinnen und Leser spenden. Wir fragen, sie antworten spontan. (Nicht unähnlich der Runde, die uns schon zum Thema Sinnlich sein oder werden ihre Ansichten spenden (zu finden unter den Frivolini).) Es geht nicht um Tiefschürfendes, sondern um ein paar Sätze, die uns verraten, wie jemand über eine gewisse Sache denkt.
Wir haben uns wieder getroffen – virtuell natürlich. Und uns – und die Männerrunde – mit folgender Frage beschäftigt:
Wenn du das schönste Kompliment nennen solltest, das dir jemals gemacht wurde: Welches wäre es?
Ich bin Anne, Mathematikerin und Lebenskünstlerin aus Passion mit einem Technikfaible und ewiger, grenzenloser Neugierde.
Anne sagt:
Deine Frage hat mich echt zum Nachdenken gebracht. Und Du wirst es nicht glauben, aber so richtig ist mir nichts eingefallen. Vielleicht mache ich mir nichts aus Komplimenten oder ich weiss nicht, was das eigentlich ist. Denn einfach nur so eine Schmeichelei, bei der Du genau merkst, welche Hintergedanken Dein Gegenüber hat, würde ich nicht als echtes Kompliment verstehen. Und sowas vergesse ich auch gleich wieder. Ich hab ja eigentlich immer gekämpft und mit Partnern hatte ich nicht das Glück, Komplimente zu bekommen. In der Arbeit war ich wohl immer Konkurrentin zu meinen männlichen Kollegen, und sie hätten sich nie getraut mir Komplimente zu machen. Aber an eine Begebenheit kann ich mich noch gut erinnern. Da kam ein Kollege aus Erfurt, glaub ich, ein dicker, älterer Ossi mit Sachsen Slang. Der hat mich sehr freundlich angestrahlt und vor allen Kollegen gesagt, dass es schön ist, endlich mal eine Kollegin in der Maschinendiagnose zu sehen. Das war von Herzen, glaub ich, und ich konnte zurückstrahlen.
Viele Grüße von Anne
PS jetzt fällt mir noch eins ein…die Geschichte ein ander Mal vielleicht
Wenn du das schönste Kompliment nennen solltest, das dir jemals gemacht wurde: Welches wäre es?
Mit 18 Jahren war ich in der Stuttgarter Kunstakademie, seither bin ich das, was man Freischaffende Künstlerin nennt mit Schwerpunktthema „Mensch“. Froh bin ich über Literatur und glücklich, wenn ich ein schönes Buch in Händen halte.
Das ist eine Frage, die einfach klingt, aber schwierig zu beantworten ist, je länger ich darüber nachdenke.
Alle Komplimente, die irgendwie das Äußere betreffen, wären mir eher peinlich zu benennen.
Da man ja nur bedingt Einfluß hat auf diese Dinge oder Fähigkeiten, die damit einher gehen.
Bleiben Komplimente für meine Arbeit und da gibt es wiederum so viele, daß ich überlege, welche die schönsten sind.
Am besten gefallen hat mir dieses, daß jemand sagte, sie könnte bei wiederholter Betrachtung meiner Bilder wieder etwas Neues entdecken und dabei auch andere Gedanken entwickeln.
Denn das entspricht am ehesten dem, was ich gerne erreichen will, nämlich die Kreativität im Kopf der Betrachter anregen.
Schöne Grüße an diesem sonnigen und sehr freundlichen Novembertag,
Ines
Wenn du das schönste Kompliment nennen solltest, das dir jemals gemacht wurde: Welches wäre es?
Barbara sagt:
Ich heiße Barbara und bin nach der Juristerei auf die Kunst gekommen. Eine Kunst, die zum Nachdenken und Loslassen anregen soll und die ich mit Leidenschaft betreibe.
Ich komme ein wenig ins Grübeln und frage mich, ob ich nicht manche Komplimente einfach überhört habe. Vielleicht auch sind Komplimente eher selten. Und dann fiel mir ein Brieffreund ein. Aus seinem Brief im September 1967 (ich 17 Jahre alt):
“ wissen Sie, dass sie dabei sind, eine neue Literaturphase zu kreieren: die der zornigen jungen Mädchen…..Ich flehe Sie an, nur weiter mit den engelslieblichen Beschimpfungen…..“.
Damals wie heute empfinde empfinde ich diese Ausführungen als starkes und schönstes Kompliment.
Liebe Grüße
Barbara
Wenn du das schönste Kompliment nennen solltest, das dir jemals gemacht wurde: Welches wäre es?
Ich bin Lea, Altruistin, Misanthropin, halb freiberufliche Texterin und Übersetzerin für Leichte Sprache, halb Geschäftsführerin eines gemeinnützigen Vereins, ohne menschlichen Anhang, dafür wunderbar fest verbunden mit dem unglaublichsten Profiplüschtier der Welt, meiner Blindenführhündin Arzu.
Liebe Nessa,
ich bin kein Fan von Komplimenten, vieleicht, weil ich selten
aufrichtige bekomme oder diese dann nicht ernst nehme, weil ich hinter
jedem Kompliment eine Absicht oder Fehleinschätzung wittere. Ein
schönstes Kompliment fällt mir also leider nicht ein, dafür aber das
toxischste und gleichzeitig auch häufigste, das ich höre:
Wenn ich als blinde Frau, meist mit Hund, in ganz banalen
Alltagssituationen irgendwo im öffentlichen Raum unterwegs bin, kommen
oft wildfremde Leute auf mich zu und sagen etwas wie „Ach, ich bewundere
sie, es ist so toll, wie sie das alles machen!“. Die Leute kennen mich
nicht, wissen nicht, wie ich lebe, ob und was ich arbeite, welche
Ansichten ich wo und wie vertrete. Wenn ich dann frage, was sie meinen,
kommt heraus, dass sie mich bloß dafür feiern, dass ich ein Leben habe
und mich als ach so armes Behindilein nicht unter einem Stein verkrieche
oder heulend im Eckchen sitze. Ich bekomme dann also ein
überschwängliches Kompliment für etwas, das ich als schiere
Selbstverständlichkeit und meinen normalen Alltag verstehe. Die schönsten
Komplimente, um die Kurve dann doch noch zu kriegen, sind da eher die,
die ich mir selber mache, wenn ich wirklich etwas Tolles geschafft habe.
liebe Grüße
Lea
Wenn du das schönste Kompliment nennen solltest, das dir jemals gemacht wurde: Welches wäre es?
Mich kennen Sie natürlich. Ich bin Nessa Altura, die Betreiberin dieses Blogs. Und ich bin diejenige, die hier die Fragen stellt.
Vor ein paar Jahren geschah es einmal, nach einer Lesung, dass eine ältere Frau auf mich zukam, uns sagte: „Sie sind aber mutig. Ich bewundere Sie dafür!“
Das hat mich umgehauen. Und sehr, sehr gefreut. Weil ich mich nämlich noch nie für sehr mutig gehalten habe. Ich bin zwar nicht ängstlich, aber doch auch nicht besonders risikofreudig. Der Zusammenhang war dieser: ein leichter, frivoler Text in einer eher „pietistisch“- kirchlich geprägten Umgebung. Und dieses eine kann ich – nicht 100%ig, aber doch 90%ig – mir zugute halten: In meinen fiktionalen Texten verstecke ich mich nicht. Da schreibe ich, was ich denke, ohne Rücksicht auf andere Meinungen oder Geschmäcker, ohne innere Schere im Kopf.
Ihr Lieben, vielen Dank für eure Offenheit. Eine kleine schlichte Frage nur, aber sie hat doch so einiges an die Oberfläche geholt, was tief unten schlummerte…
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