Was war die großzügigste oder selbstloseste Tat, die du in letzter Zeit beobachtet hast? Wir fragen unsere Männer-Runde

Unsere neue Runde: Männer!

Unsere Frauenrunde kennen Sie ja. Sie soll Sie unterhalten; und zwar mit Ansichten zu Themen, die vielleicht auch Sie gerade beschäftigen.

Nicht nur unter Corona haben wir erkannt, wie wichtig persönliche Unterhaltungen zu einzelnen Themen sind. Weil es aber physisch nicht immer geht, müssen wir uns online unterhalten, so zum Beispiel per eMail.

Wir wollen ab jetzt ab und an kurze Statements veröffentlichen, die uns unsere Leserinnen und Leser spenden. Wir fragen, sie antworten spontan. (Nicht unähnlich der Runde, die uns schon zum Thema Sinnlich sein oder werden ihre Ansichten spenden (zu finden unter den Frivolini).) Es geht nicht um Tiefschürfendes, sondern um ein paar Sätze, die uns verraten, wie jemand über eine gewisse Sache denkt.

Jetzt haben wir auch eine Männerrunde eingerichtet, die wir hier bereits vorgestellt haben.

Nessa fragt:

Ihr Lieben,
um dem Bösen da draußen mal was entgegenzusetzen:

Was war die großzügigste oder selbstloseste Tat, die ihr in letzter Zeit beobachtet habt?

Nessa

Hier ist Roman aus Singapur:

Ich bin Roman, frischgebackener Vater, Produktmanager in Software und interessiert an allem Digitalem. Zur Zeit im fernen Singapur ansässig.

Eine Kleinigkeit, aber irgendwie nett:
Neulich waren wir seit langem mal wieder in unserem Lieblingsrestaurant, einem koreanischen Grilllokal. Spezialität ist Schweinebauch, den man mit etwas Kimchi (scharfer Kohl) und Knoblauch in ein Salatblatt wickelt und isst. Eine Köstlichkeit. Meine Frau plauderte ein wenig mit dem Restaurantmanager, der gerade wenig zu tun hatte.

Dann kam das Essen. Unser kleines Töchterchen, fast ein Jahr alt, war allerdings schon bei der Ankunft am Ende ihrer Geduld angelangt und kletterte immerfort von ihrem Kinderstühlchen auf den Esstisch; sehr mühsam, da nebenher Salatblätter zu wickeln. Der Manager sah uns und bot sich an mit der Kleinen ein wenig durch das Restaurant zu spazieren, damit wir in Ruhe unser Essen genießen könnten.
Wir zögerten und lehnten wegen Coronarisiko schließlich ab. Trotzdem liebe Geste im perfekten Moment.

Hier ist Otto aus dem Schwarzwald:

Die grosszügigste und selbstloseste Tat der letzten Zeit ist für mich die Pflege meiner Schwiegermutter durch meine Schwägerin.

Man mag es richtig oder falsch finden:

Sie pflegt ihre Mutter zu Hause seit 6 (sechs!) Jahren. „Ich möchte, dass meine Mutter ihren letzten Lebensabschnitt in Würde verbringen kann“.

Dafür setzt sie all ihre Kraft und Zeit ein – auch wenn sie sich vorgestellt hat, im eigenen Rentenalter Zeit und Ruhe zu haben: für sich, Freunde in aller Welt zu besuchen, neue Leute, vielleicht einen Partner kennen und lieben zu lernen….

Statt dessen stehen täglich die kleinen und auch komplexen Aufgaben der Pflege eines gelähmten und dementen Menschen an. Und das meistert sie mit Bravour. Mit Lebensfreude ! Chapeau! und vielen Dank!

Otto

***

Hier ist Michael aus Berlin und Zürich:

Ich bin Michael, promovierter Chemiker, aber schon seit über 20 Jahren in Zulassungsabteilungen verschiedener Pharma-Firmen. Als (ehemaliger) Forscher, bin ich immer noch extrem neugierig und lerne gerne jeden Tag etwas Neues dazu.

Hallo Nessa,

Es ist sicherlich nicht die grosszügigste oder selbstloseste Geste, aber in der heutigen Zeit vielleicht dennoch bemerkenswert. Ich sass heute in einem Meeting mit unserer ganzen Hauptabteilung. Einer meiner Peers (Kollege auf gleichem Level) hielt einen Vortrag. Er räusperte sich ein paar mal, da stand unser Chef (Executive Vice-President) auf und brachte ihm ein Glas Wasser. Und das obwohl er durch den ganzen Versammlungsraum musste. Eine feine Geste, die viel Respekt für die Mitarbeitenden zeigt. Es ist die Wertschätzung, die ich als grosszügige Geste ansehe. 

Hier ist Norbert aus Sindelfingen:

Ich bin Norbert, Volkswirt, Wanderer zwischen den Welten, von Politik, Verwaltung bis Wirtschaft, und Asien, Afrika bis Schwarzwald.

meine Antwort aus Südfrankreich, die hoffentlich nicht zu spät kommt:

Die Frage ist sehr schwer, weil viele öffentliche, vermeintliche selbstlose Taten fast immer Werbung für die eigene Person ist. Wenn millionenreiche Fußballer oder Schauspieler öffentlichkeitswirksam für Flüchtlinge oder arme Kinder spenden, dann ist es zwar nicht schlecht, aber eben auch Marketing. Selbstlose Taten sind  für mich die nicht öffentlichen, die im Stillen und Verborgenen geschehen. Mir fällt eine selbstlose Tat aus der Verwandtschaft ein: ein Frau pflegte ihre kranke Mutter und die Oma ihrer Kinder über viele Jahre, und während Corona ohne Pflegerin, im Schichtbetrieb, neben Beruf und Familie, bis zur völligen Erschöpfung. Nur der Tod war stärker als diese Frau.

***

Und hier ist Rolf aus Böblingen:

Wenn man an selbstlos handelnde Menschen denken soll, fallen sicher den
meisten zuerst die unglaublich tapferen Menschen des medizinischen
Pflegepersonals in den Kliniken und Pflegeheimen ein. Tägliche unbezahlte
Überstunden, Stress und ständige Sorge wegen der Ansteckungsgefahr –
es ist ja nicht immer gut gegangen – das berührt doch jeden.
Als eine einzelne Person, an die ich jetzt denke, ist die Belarussische Musikerin Maria Kolesnikowa, die 12 Jahre in Stuttgart lebte, und jetzt freiwillig in ihre Heimat ging, um die Protestbewegung gegen die durch Lukaschenko manipulierte Wahl zu unterstützen. Da sie damit rechnen musste, dass sie sich dort in großer Gefahr befinden und kaum einen Vorteil davon haben würde – außer (kurzfristig)
größerer Bekanntheit – ist ihr Handeln für mich die selbstloseste Tat.


***

Herzlichen Dank, ihr Lieben.

Haben Sie Lust, auch dabei zu sein? Dann melden Sie sich doch! Wir freuen uns immer über Verstärkung! autorenexpress[at]gmail.com

Sie mögen unsere Runde? Dann folgen Sie ihr! Alle bisherigen Beiträge unserer Runde können Sie auf einer Seite nachlesen. Und wie wärs, wenn Sie mitmachten?

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