Wenn du einen bestimmten Geruch benennen müsstest, der dich jedes Mal nostalgisch werden lässt, welcher wäre es? Wir fragen unsere Frauenrunde


Wir haben uns wieder getroffen – virtuell natürlich. Und uns – und die Männerrunde – mit folgender Frage beschäftigt:

Wenn du einen bestimmten Geruch benennen müsstest, der dich jedes Mal nostalgisch werden lässt, welcher wäre es? Und warum ist das so?

Barbara sagt:

Ich heiße Barbara und bin nach der Juristerei auf die Kunst gekommen. Eine Kunst, die zum Nachdenken und Loslassen anregen soll und die ich mit Leidenschaft betreibe.

„Memoire cheri“ . Ob sich jemand noch daran erinnern kann?  Ein Duft, der mich im zweiten Jahrzehnt meines Lebens umgab . Den ich zu jedem Date auftrug und mich so wohl dabei fühlte. Diesen Duft gibt es schon lange nicht mehr. Ich bedauere dies sehr, weil ja nicht auszuschließen ist, dass ich mich wie anno dazumal fühlen könnte.  

Ein wenig anders – wohl so im Sinne einer geborgenen Zeit – ist der Duft von Tannenzweigen in der Weihnachtszeit. Dieser Duft hat mich durch mein ganzes Leben begleitet und ein wenig glücklich gemacht. Ein wiederkehrender Duft in der dunklen Jahreszeit. den ich mir immer ins Haus hole.  

Grüße von Barbara


Wenn du einen bestimmten Geruch benennen müsstest, der dich jedes Mal nostalgisch werden lässt, welcher wäre es? Und warum ist das so?

Ich bin Lea, Altruistin, Misanthropin, halb freiberufliche Texterin und Übersetzerin für Leichte Sprache, halb Geschäftsführerin eines gemeinnützigen Vereins, ohne menschlichen Anhang, dafür wunderbar fest verbunden mit dem unglaublichsten Profiplüschtier der Welt, meiner Blindenführhündin Arzu.

Liebe Nessa,

uff, das ist wieder eine Frage von der schwierigen Sorte. Ich bin
absolut kein nostalgischer Mensch, weil mir zu jeder positiven
Erinnerung auch immer gleich fünf negative einfallen.

Der Geruch, der mich nostalgisch werden lässt, ist dann leider auch noch einer, den
vermutlich Viele unterschreiben können: 4711, Eau de Cologne. Meine Oma
trug dieses Parfum. Als ich klein war, also die ersten vier Lebensjahre,
war ich sehr viel bei ihr, weil meine Mutter noch halbtags arbeitete,
bis meine kleine Schwester sich ankündigte. Meine Oma, also die Mutter
meiner Mutter, war für mich die klassische, perfekte Oma, bei ihr gab es
leckere Dinge, viel Spielzeug und Unmengen von Knöpfen und Stoffresten,
weil sie Schneiderin war. Ich war viel lieber bei ihr als im Kindergarten 🙂
Leider habe ich den Duft von Kölnisch Wasser schon sehr lange nicht mehr
gerochen.


liebe Grüße
Lea


Mit 18 Jahren war ich in der Stuttgarter Kunstakademie, seither bin ich das, was man Freischaffende Künstlerin nennt mit Schwerpunktthema „Mensch“. Froh bin ich über Literatur und glücklich, wenn ich ein schönes Buch in Händen halte.

Wenn du einen bestimmten Geruch benennen müsstest, der dich jedes Mal nostalgisch werden lässt, welcher wäre es? Und warum ist das so?

Wenn es nach Keller riecht, werde ich an die Kindheit erinnert. Positiv, denn ich habe mich nie gefürchtet dort, im Gegenteil.
Unser Keller war tief und darum konnte man allerlei lagern, es gab einen Verschlag für Kartoffeln, einen für Äpfel.
Dann einen für Kohle und Briketts. Daneben diverse Räume von den drei Mietpartien und ein Lager für Weinflaschen.
Das alles duftete leicht modrig und je nachdem, wo man stand, nach Äpfeln, Kartoffeln oder Weinkorken.
Im ganzen Jahr war es gleich kühl dort unten. Nur wenn die Waschküche in Betrieb war, kam warmer Dampf herauf.

Dieser Geruch nach Waschküche hat mich einmal gerettet, lange Jahre nach diesen Kellererfahrungen.
Ich habe im Atelier gezeichnet und dabei immer wieder an meine Mutter in der Waschküche gedacht, wie sie im
Kessel mit kochendem Wasser die Wäsche durchwalkte mit einem großen hölzernen Löffel. Irgendwann kam mir das
seltsam vor, dass ständig die Erinnerung an die Waschküche in meinem Kopf war. Bis mir aufging, dass es jetzt so roch!
Aber warum, die Waschmaschine lief zwar, aber warum konnte ich das riechen? Also nix wie hin – gerade noch rechtzeitig, denn die Knöpfe konnte ich nicht drücken, so heiß war die Maschine, ich musste den Stecker ziehen.

Grüße von Ines



Wenn du einen bestimmten Geruch benennen müsstest, der dich jedes Mal nostalgisch werden lässt, welcher wäre es? Und warum ist das so?

Ich bin Anne, Mathematikerin und Lebenskünstlerin aus Passion mit einem Technikfaible und ewiger, grenzenloser Neugierde.

Anne sagt:

Bei der Vielfalt an Gerüchen, die uns im Laufe eines Lebens begleiten, hab ich nun zwei rausgesucht, die beide auch mit unserer gemeinsamen Vergangenheit zu tun haben.


Der Schulgeruch

Das ist ein Geruch von Bleistiftspitze, also das Holz vermischt mit der Mine des Bleistifts, das beim Spitzen entsteht. Nicht alle Schulen, die ich besucht habe, riechen so wie einst unsere Schule, aber doch die alten und noch nicht renovierten. Da fallen mir alle Gefühle, die Höhen und die Tiefen unseres Schullebens ein. Und eine Angst beschleicht mich, dass ich meine Hausaufgabe nicht gemacht hab und dass das ein Lehrer entdeckt. 


Der Desinfektionsgeruch im Ostblock

Als ich seinerzeit in Shanghai am Flughafen gelandet bin, hat mich ein Flashback überrascht,  der mich an unsere gemeinsame Berlinfahrt in der 12. Klasse erinnert hat. Und zwar an den Besuch von Ost Berlin. Ein stechend typischer Geruch nach Desinfektionsmittel. In Ost Berlin und Shanghai der gleiche Geruch. Hab damals sofort  vermutet, dass im Ostblock flächendeckend das gleiche Desinfektionsmittel verwendet wird. Diesen Geruch verbinde ich mit der Politik des Ostblocks, mit Überwachung,  Stasi und Armut an Lebensfreude. Und das Desinfektionsmittel etwas mit ( gutem) Parfum zu versetzen hat man sich dort erspart. Parfum ist wohl eher im Westen in Gebrauch und da gibt es ja auch grosse Qualitätsunterschiede. Wäre interessant zu untersuchen, ob sich das nach dem Fall des eisernen Vorhangs verändert hat. 

Viele liebe Grüße von Anne 


Mich kennen Sie natürlich. Ich bin Nessa Altura, die Betreiberin dieses Blogs. Und ich bin diejenige, die hier die Fragen stellt.

Wenn du einen bestimmten Geruch benennen müsstest, der dich jedes Mal nostalgisch werden lässt, welcher wäre es? Und warum ist das so?

Für mich funktioniert es immer, ja, immer noch: Wenn ich Sonnenöl rieche, katapultiert es mich an den Strand. Wahrscheinlich war das früher das berüchtigte „Tiroler Nussöl“, das man sich überall hin schmierte, um ordentlich braun zu werden. Sobald ich das oder ähnlich Intensives rieche, höre ich das Stimmengewirr der Menschen am Strand, ich spüre den Rhythmus des Meeres, fühle die Rippeln des nassen Sandes unter meinen Zehen, und dehne mich innerlich im warmen Strahl der Sonne, während das Plätschern des zurückströmenden Wassers an meinem Trommelfell tuckert…

Sehr merkwürdig, wie zuverlässig das funktioniert. Unsere Familie hat früher mehrere Sommerwochen entweder an der Nordsee oder in Italien verbracht, immer aber die längste Zeit des Tages am Strand. Mir erschienen diese Wochen endlos lang. Und ganz, ganz wunderbar…


Vielen Dank für eure hilfreichen Antworten, ihr Lieben!

Nessa

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