Exit Racism von Tupoka Ogette
ist ein handliches Büchlein für 12,80. In der sechsten (!) Auflage beim Unrast Verlag erschienen.
Tupoka Ogette hat eine gute Methode gefunden, ihre Leserinnen und Leser mitzunehmen. Mitzunehmen in das sogenannte HAPPYLAND, in dem wir uns (fast) alle in Deutschland befinden. Wir sind froh um die eher geringe koloniale Vergangenheit (wir haben an anderer ohnehin schwer zu tragen), wir verstehen uns nicht als rassistisch, wir halten uns für weltoffen und nicht fremdenfeindlich. Wir wissen zwar, dass es so etwas gibt, aber es trägt Glatzen und Runentätowierungen und findet womöglich den Ku-Klux-Klan gut. Das ist weit von unserer Vorstellungswelt entfernt. Nicht unser HAPPYLAND eben.
Eine Leseprobe gibt es hier bei der Heinrich-Böll-Stiftung.
Ogette zeigt uns, dass es eben doch viele rassistische Strukturen unter dieser friedlichen weißen HAPPYLAND-Oberfläche gibt. Wir bemerken sie nicht, wenn wir weißer Hautfarbe sind, weil Hautfarbe für uns nie ein Thema war. Ogette klagt uns nicht an, weil sie weiß, dass man sofort in eine gekränkte Defensivhaltung verfällt, die dem Thema mehr schadet als nützt. Nicht der Einzelne ist (in den meisten Fällen) rassistisch, sagt sie, sondern die gesamte Gesellschaft ist rassistisch sozialisiert und durchsetzt mit Mini-Aggressionen gegenüber Nicht-Weißen, in die der Summe ungeheuren Stress auslösen bei den Betroffenen.
Exit Racism: PoC
Die Betroffenen sind die PoCs, die People of Colour, Einzahl Person of Color. Dieser Begriff schließt Schwarze ein, jedenfalls so wie ich ihn hier verwende. Auch darüber gibt es Diskussionen, denn Sprache ist das Abbild der Wirklichkeit, und in der Wirklichkeit der teils akademisch, teils straßentauglich geführten Rasissmus-Debatte ist vieles noch verwirrend und vielfältig. Und im Werden.
Ich entnehme dem Buch einige Tipps für einen rassismuskritischen Alltag:
- mit PoCs reden, nicht über sie reden und, ganz wichtig: zuhören
- nicht wegschauen und weghören, wenn rassistische Elemente auftauchen
- nicht handeln, weil PoCs einem leidtun, sondern, weil man selbst nicht in einer Kultur leben will, die solches duldet
- eigene Privilegien, sofern vorhanden, teilen oder zumindest Teilhabe ermöglichen*
- sich nicht sofort reflexhaft verteidigen, wenn man des Rassismus bezichtigt wird
Wer an dieser Debatte teilhaben will, der ist gut beraten, Tupoka Ogettes sensibilisierendes Buch zu lesen. Es ist ein absoluter Treffer! Und es ist ein benutzerfreundliches Handbuch:
„Übungen und Lesetipps eröffnen an vielen Stellen die Möglichkeit, sich eingehender mit einem bestimmten Themenbereich zu befassen. Über QR-Codes gelangt man zu weiterführenden Artikeln, Videos und Bildern. Ergänzend dazu finden sich in fast jedem Kapitel Auszüge aus sogenannten Rassismus-Logbüchern – anonymisierte Tagebücher, die ehemalige Student*innen von Tupoka Ogette in ihrer eigenen Auseinandersetzung mit Rassismus geführt haben und in denen sie über ihre Emotionen und Gedankenprozesse berichten“ – wie die website Good-Reads es beschreibt.
Oh, gerade sehe ich, es gibt heute auf SPon ein Interview mit der Autorin: Rassismus ist wie Smog – was für ein gutes Bild sie da gefunden hat! Und ja, ich bin auch der Meinung, dass das Wort RASSE aus dem Grundgesetz entfernt werden sollte.
- Wie das gehen könnte? Moo, die englische Internet Druckerei machts vor und bietet für Nachahmer einen Button an:
Nach neuester Gesetzeslage: Vorsicht! Rezensionen sind Werbung!
Wir sammeln alle besprochenen Sachbuchtitel auf einer Seite.
Die Natur ist schön? Dann rasch hin zu unseren 4 Jahreszeiten!
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